Das große Missverständnis
Die Homepage und die Social-Media-Bilder des Madrider Restaurants Yugo The Bunker wecken große Lust auf einen Besuch in diesem hochdekorierten Betrieb. Küchenchef Julián Mármol bietet hier nach vielen Lehr- und Wanderjahren im Zentrum der spanischen Hauptstadt eine gehobene japanische Küche an. Die Speiseräume sind in zwei Bereiche unterteilt: einen oberen Bereich, der einer traditionellen Izakaya-Taverne nachempfunden wurde, und einen unteren Bereich, der einen Nachbau eines japanischen Bunkers darstellt. Warum man seinen Gästen zumutet, in einem bunkerähnlichen Ambiente zu speisen, bleibt das Geheimnis der Restaurantbetreiber, aber wenigstens in diesem Fall war es ein großes Glück, in der Izakaya-Taverne speisen zu dürfen. Yugo The Bunker ist dafür bekannt, allerbeste Fischprodukte mit traditionellen Methoden zuzubereiten. Ein Fest für Puristen, Geschmacksästheten und Gourmets, die Perfektion in Produkt und Kochhandwerk suchen. Küchenchef Julián Mármol wählt persönlich die Zutaten aus, die aus Alaska, Japan, Portugal oder dem Ebro-Delta stammen, und diese sollen den Gästen laut Homepage einzigartige und unvergessliche Geschmackserlebnisse bieten.
Es gibt optional zwei Menüs zur Auswahl, die vorher gebucht werden müssen. Der Empfang ist hier zwar herzlich, doch die Weinkarte ist für ein Lokal dieses Anspruchs eher dürftig und scheint mehr Schein als Sein zu bieten. Es gibt keine Speisekarte; das im Voraus blind gebuchte Menü wird vor jedem Gang ausführlich und minutiös erklärt. Zwar fehlt es den Erläuterungen an Leidenschaft, doch sie sind durchweg förmlich und höflich.
Obwohl in diesem engen und recht dunklen Raum Stimmung ein Fremdwort ist, freut man sich auf die exquisiten Happen, die noch folgen sollen. Doch beim vierten oder fünften Snack wird schnell klar, dass in der Menüfolge ein klarer Denkfehler herrscht, zumindest was die eigenen Essgewohnheiten und die Freude an einem guten Mahl betrifft. Es mag sein, dass in Japan der Verzehr großer Mengen rohen Fischs Gang für Gang die Herzen der Gäste erfreut, doch zu viel roher Fisch, serviert in einer recht schnell ablaufenden Dramaturgie, macht dann doch nicht wirklich viel Spaß, zumal es an einem geschmacklichen Kontrapunkt und der nötigen Säure fehlt.
Das mag man so handhaben, und es könnte durchaus als hohe Kochkunst angesehen werden, doch sicherlich trifft es nicht jedermanns Geschmack. Keine Stimmung im Lokal, eine zu sehr auf Produkte fokussierte Küche ohne Pfiff und ein roboterhafter Service nerven nach einer Weile nur noch und werfen erneut die Frage auf, warum im Untergeschoss tatsächlich ein Bunker nachgebaut wurde. Richtig gute Getränke, die zum Rückzug in diesen Raum einladen würden, findet man im Yugo The Bunker ja leider auch nicht. Im Großen und Ganzen ein großes Missverständnis.
Yugo The Bunker, Calle de San Blas, 4, Centro, 28014 Madrid, Spanien, Telefon: +34 914 44 90 34, https://yugothebunker.com/