Essen als lokale Kunst
Dass Essen eine Kunstform ist und Köche Künstler sein können, beweisen Javier Rivero und Gorka Rico erneut fabulös in ihrem Restaurant Ama in Toloso.
Dass es hier schon immer sehr, sehr lecker schmeckte, ist schon lange kein Geheimnis mehr, aber dass sich die beiden jungen, ambitionierten Köche von einer schmackhaften „Yummy“ Küche zu einer derart intelligenten und feinen Autorenküche aufschwingen würden, war sicher nicht vorhersehbar.
Die einzelnen gereichten Speisen sind inzwischen nicht nur lecker, sondern folgen absolut konsequent der Logik eines natürlichen Prozesses. Das was vor der Haustür in Tolosa und Umgebung wächst und gedeiht wird als Produkt eingesetzt. Der Bauer mit seiner Kuh, das Gemüse der Saison aus dem Garten um die Ecke, der Fisch direkt aus dem Atlantik oder die Kräuter aus Omas Garten sorgen für einen temporären, lokalen und nachhaltigen Speiseplan. Gewürze, Saucen und Salz werden nur noch dezent zur Geschmacksergänzung eingesetzt und lassen so die einzelnen Aromen der Zutaten in einem ganz neuen Licht erstrahlen.
Als Geniestreich muss hier zum Beispiel der servierte kalte Hummer in Salatform tituliert werden. Die Qualität des Krustentieres an sich ist atemberaubend. Zusammen mit einem Stück besten Sauerteigbrotes und der dazu gehörenden geräucherten Butter in den Mund gesteckt und verkostet denkt man, der Hummer wäre gerade frisch à la minute gegrillt worden. Dies ist höchste Kochkunst mit dem Spiel der Sinne.
Knackig und eher erdig-wild schmeckt dann auch eine komplett neue Interpretation von Winter Gemüse. Das schmeckt sehr gesund und braucht auch keine weiteren Zutaten.
Der geschmorte Porree verlässt seine angestammte, bekannte Form und verblüfft mit einer dezenten Bitterkeit und Räucheraromen. So kann Porree also auch schmecken. Viele Berliner Kult Restaurants würden diesen Gang so wie er hier auf die Teller kommt abfeiern und als das neue, lokale deutschte Küchenwunder verkaufen. Aber auch die Artischocken auf einer Steinpilzcreme spotten jedem geschriebenen Wort und sind in diesem Fall auf den puren Geschmack des distelartigen Korbblütlers abgestimmt.
Das geschmorte Schafsfleisch bekommt zu seinem rustikalen und ehrlichen- bäuerlichen Geschmacksbild noch weitere passende Aromen und Texturen verpasst. So sieht und schmeckt moderne, ländliche Autorenküche. An so einem Teller hätten Schweden und Dänen wahrscheinlich auch richtig Spaß.
Dass es im Restaurant Ama einer der besten Tortillas der Welt gibt, ist eine rein persönliche Ansichtssache, wird aber an diesem Mittagstisch mit einer Zugabe von Tartar von der Kuh abermals bestätigt. So in dieser Form und in dieser Art bisher unbekannt besticht der Gang mit einer atemberaubenden Qualität. Tortilla kann so viel mehr als viele Glauben …
Die Nachtische lösten am Tisch die meisten Kontroversen aus. Die besten Haltungsnoten bekam hier das Quarkeis mit Honig und Apfel. Genial schmeckte dazu auch der vom Haus aus spendierte Eiswein vom Apfel aus der Region. Ein Feuerwerk der gemeinsamen Aromen.
Ein wahrlich meisterlich geschliffenes, eigenständiges und perfekt austariertes Mittagsmahl. Essen ist hier lokale Kunst.
Demnächst zieht das Restaurant Ama in größere Räumlichkeit, die Gäste dürfen gespannt sein …
Ama Taberna, Aroztegieta Kalea 13, 20400 Tolosa, Spanien, Telefon: +34 943 38 20 59, https://www.amataberna.net/