PPP – Parker, Punkte, Peñín: Hilfe oder Unfug?

PPP – Parker, Punkte, Peñín: Hilfe oder Unfug?

Unlängst war es wieder soweit: die inzwischen gen Reich der Mitte verzogene Zeitschrift The Wine Advocate, aka „Parker“, hat mal wieder das Füllhorn geöffnet und weit mehr als einhunderttausend Punkte vergeben. Das machen die sechs Mal im Jahr, sie sind aber natürlich nicht alleine auf der Welt. Wine Spectator oder Wine Enthusiast, Decanter, José Peñín (Spanien) oder Gerhard Eichelmann (Deutschland) werfen mit Punkten um sich. Millionen, Millarden, ach was, Trillkwarden von Punkten regnen vom Himmel. Ist das alles Humbug oder braucht man das wirklich? Nun – die Antwort ist so ganz einfach nicht.

Eine der beiden wichtigen Fragen, die man sich in in diesem Zusammenhang stellen muss: ist das gerecht, objektiv, wahr? Oder werden die Punkte, nun ja, gelost? Und was ist die Aussagekraft? Gibt es Freundschaftspunkte oder herrscht Chancengleichheit? Nicht alle Verkostungen laufen gleich ab. Manchmal verkostet nur eine Person die Weine einer bestimmten Region oder eines bestimmten Landes, manchmal wird in Gruppen verkostet. Letzteres stellt die Weine in den Vordergrund, die in keinster Weise außergewöhnlich sind. Weine, die abseits der bekannten Geschmacksmuster stehen, werden von manchen Verkostern sehr geschätzt, oftmals aber von der Mehrzahl mit eher niedrigeren Punkten bedacht, während durchschnittliche Weine kaum Ausreißer verursachen. Je größer die Gruppe, desto eher gewinnt der Durchschnitt. Wine Enthusiast und Wine Spectator verkosten auf diese Art und Weise.

Parker (wobei er selber ja kaum mehr verkostet) und seine Nachahmer verkosten einzeln – und in der Regel nicht blind; sie wissen stets genau, was sie im Glas haben. Manche Leute finden das falsch; man lasse sich vom Namen blenden, ist das geläufigste Argument. Das ist jedoch nur bedingt richtig. Denn immer dann, wenn die genaue Herkunft eine Rolle spielt, geht es gar nicht anders. Wenn da etwa Trittenheim auf dem Etikett steht, dann sollte man die Herkunft schon erkennen. Schmeckt der Riesling dann eher nach Bernkastel, Bacherach oder Eltville, dann ist etwas schief gegangen. Der Wein mag ja immer noch gut oder sogar sehr gut sein, er ist nur halt nicht typisch für seine Herkunft. Ab einem gewissen Qualitätsniveau ist so etwas durchaus nicht unwichtig. Wer gerade mal einen Weißwein fürs Abendessen braucht, wird darauf wohl eher weniger Wert legen, für Leute, ein ein paar Dutzend Moselrieslinge im Keller liegen haben, mag das schon ganz anders aussehen.

Natürlich ist dieses System anfällig für Gefälligkeitsverkostungen. Ein bekannter spanische Tester sagt einst, dass er den einen eines bekannten spanischen Winzers immer mindestens 90 Punkte gebe, weil dieser eben ein sehr guter Freund von ihm sei. Mit solchen Dummheiten kann man indes nur Leute blenden, die sich zum ersten Mal mit einer bestimmten Zeitschrift beschäftigen, die Freundschaftspunkte erkennt man eigentlich relativ rasch. Dann zieht man von den verliehenen Punkten halt, je nach Freundschaftsgrad, derer drei, fünf oder zehn ab – und schon passt die Geschichte wieder. Innerhalb eines Weingutes stimmt das Ranking eigentlich fast immer – zumindest in den Publikationen, mit denen sich der Oso so beschäftigt.

So die Verkoster noch in ihren Lehrjahren sind, dies tritt gerade in Spanien recht häufig auf, versuchen sie gerne, Politik zu machen. Weine, ja ganze Regionen, werden „zurechtgestutzt“, weil sie irgend etwas machen, was vordergründig der Qualität schadet. Darunter leiden dann auch schon einmal jene Weingüter eben dieser Regionen, die sich eigentlich von dem Problem entfernt haben. Oder aber die Weine einer bestimmten Region, es gab da vor etwa einem Jahr eine Parker-Verkostung zum Thema Sierra de Gredos, werden extrem überhöht, um die vermeintliche Bedeutung einer Region zu visualisieren, eine Bedeutung, die eigentlich gar nicht da ist. Aber all das ist schnell zu erkennen, und außerdem gibt es ja mehrere solche Teile, man kann da schon mal die Relevanz abchecken.

Der zweite Fragekomplex beschäftigt sich mit der Nützlichkeit dieser Punkterei. Viele Weinhändler kritisieren die Punkterei und verweisen auf ihre eigenen Empfehlungen, insbesondere in Mitteleuropa. Und manche, wenn auch nicht ganz so viele, halten das auch relativ stringent durch. Nun hat aber Zentraleuropa (plus London) einen klaren Standortvorteil: es gibt im Prinzip alles, man muss im Zweifelsfall nur etwas länger suchen. Der Verbraucher kann sich schon selbst ein Urteil bilden. Dies ist heute so, im Jahr zweitausend und siebzehn. Vor zwanzig Jahren war das indes noch nicht so. Damals hatten all die Punkte – Parker, Bettane, Veronelli, Payne/Diel in Deutschland – eine viel größere Relevanz, weil das Produkt in seinen Facetten noch weit weniger bekannt war als es heute ist. Das erste Buch, welches der oso alemán vor fast dreißig Jahren verschlungen hat, war ein Weinführer eines gewissen Herrn Scheuermann. Oh jah… Er hantierte noch mit Buchstaben anstelle von Zahlen.

Jedes Jahr, das sollte man nicht vergessen, gibt es weit über zehn Millionen verschiedene Weine, der Weinmarkt ist nun einmal der komplizierteste Verbrauchsgütermarkt der Welt, da kann niemand auch nur grob den Überblick behalten. Das, was vor zwanzig Jahren in Deutschland und seinen Nachbarländern geschah, erlebt man heute in Spanien. Viele Konsumenten kennen Begriffe, aber nur wenige kennen dazugehörige Weine. Und irgendwie muss sich der Verbraucher ja informieren. In solchen noch nicht wirklich entwickelten Märkten sind Händler in der Regel überfordert – in Spanien beträgt der Anteil der Importweine gerade einmal drei Prozent!!! Dementsprechend sind die Kenntnisse bezüglich internationaler Weine. Ernsthaft gut geschriebene Bücher gibt es nur über wirklich bekannte Weinbauregionen – Burgund, Bordeaux, Barolo, eventuell noch Toskana und die Rhône – ein halbwegs unfallfrei geschriebenes Buch über spanische Weinbauregionen und spanische Weine, das halbwegs aktuell ist, gibt es nicht. Und das Weltweitweb mit seiner Unzahl sinnbefreiter oder/und werbefinanzierter Blogs hilft da auch nicht weiter.

Noch wesentlich komplizierter ist der Markt in Osteuropa oder in Asien. In Russland und in China gibt es, entgegen vieler Klischees, nicht nur Bonzen, die gerne mal die teuersten Weine der Welt kippen. Dort wächst ein durchaus großer Markt an interessierten Konsumenten heran, denen aber im Prinzip kaum Hilfsmittel zur Verfügung stehen. In Berlin gibt es etwa dreihundert Stellen, an denen Wein verkauft wird, plus Supermärkte; chinesische Millionenstädte sind weit von dieser Dichte entfernt. Man kann nicht mal eben die Stadt abgrasen, um eine repräsentative Verkostung von Loire-Weinen zu organisieren. An irgend etwas müssen sich die Konsumenten und die Händler dann halten. Und das ist dann im Zweifelsfall Parker. Kein Wunder, dass sich die Firmenzentrale inzwischen in China befindet. Es gibt übrigens auch eine chinesische Ausgabe des Wine Advocate.

Die direkten Auswirkungen auf den Weinmarkt sind im Übrigen überschaubar. Die Preisexplosion etwa in Bordeaux oder im Burgund ist eher auf eine stark gestiegene Nachfrage zurückzuführen denn auf viele Parker-Punkte. Osteuropa, Asien, Amerika jenseits von New York, Seattle oder Los Angeles – da kam in wenigen Jahren vieles zusammen. Hier in Spanien liegt die Wahrnehmungsgrenze bei 96 Punkten. Die wenigen Weine, die diese Punktzahl erreichen oder übertreffen, sind in der Regel ausverkauft, oftmals aber schon lange bevor derartige Verkostungsergebnisse publiziert werden. Schließlich gibt es alleine bei Parker, grob geschätzt, jedes Jahr mindestens siebentausend Weine mit 90 Punkten oder mehr. 93-Punkte-Leichen gibt es zuhauf. Dementsprechend ist auch der mediale Hype, den es vor zehn oder fünf Jahren durchaus gab, merklich abgeflaut. Mancherorts hört man dann sogar schon ein „¿Parker? Ach ja…“. Text: El oso alemán

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