Weine aus Argentinien

Weine aus Argentinien

Fern von Zuhause kommt man auf die wildesten Gedanken - so auch in Argentinien, dessen größtenteils europäischstämmige heutige Bewohner dem dortigen Weinbau ein ganz anderes Gepräge gaben, als man es in der Alten Welt kannte. Dabei war jene Idee, die die Initialzündung für die Rebenzucht im zweitgrößten Staat Südamerikas darstellte, eine eigentlich ganz naheliegende: die im Gefolge der spanischen Eroberer angelandeten Mönche brauchen Wein zur täglichen Feier des Messopfers, und der Import aus der Heimat war da keine langfristige Alternative. Also begann der Jesuitenpater Juan Cidrón in den 1540ern, am Rio de la Plata erste Parzellen anzulegen. Anders als die Kolonisten Nordamerikas fand er wohl keine einheimischen Wildreben vor und behalf sich stattdessen mit aus Europa stammenden, bereits kultivierten - ein Glücksfall, denn während man sich in Neuengland lange Zeit mit dem Foxton der dortigen autochthonen Trauben herumquälte, gelang in Argentinien schnell die Erzeugung mehr oder weniger wohlschmeckender Weine. Dass das im semiariden Klima des Landes überhaupt möglich war, wo regelmäßig mehr Feuchtigkeit verdunstet, als durch Niederschläge wieder zugeführt wird, verdankten die Europäer den ursprünglichen Bewohnern Argentiniens, den Inka. Diese hatten schon weit früher ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem etabliert, welches Wasser aus den großen Flüssen abzweigte und in der ansonsten knochentrockenen Ebene verteilte.

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Im Detail

Argentinien

Zu einem frühen Zentrum des argentinischen Weinbaus - das es übrigens bis zum heutigen Tage geblieben ist - mauserte sich die Stadt Mendoza im westlichen Landesinneren, nicht weit entfernt von der chilenischen Grenze. Von hier aus wurde der von fleißigen Jesuiten- und Franziskanermönchen erzeugte Wein in andere Teile des Landes gebracht, vor allem ins 1000 Kilometer entfernte Buenos Aires, wo aufgrund des feucht-subtropischen Klimas an die Anpflanzung von Reben nicht zu denken war. Jenes war 1776 Hauptstadt des Vizekönigreichs Rio de la Plata geworden, nachdem vorher sämtlicher Warenverkehr über das peruanische Lima abgewickelt werden musste. Zur neuen Verwaltungseinheit gehörten neben Argentinien auch noch Paraguay, Uruguay und Bolivien, sie umfasste also ein gigantisches Gebiet - allerdings konnten die vergleichsweise wenigen Kolonialherren nur in kleinen Bereichen davon wirklich administrative Macht ausüben, der Großteil blieb zunächst in der Hand der indigenen Völker.

Es war jedoch, trotz schon damals enormer Produktionsmengen, keineswegs Wein, der Argentinien zu einem der reichsten Länder der Erde werden ließ. Zwar hatte sich die Hoffnung der Spanier, am anderen Ende der Welt gigantische Silbervorkommen ausbeuten zu können, weitgehend zerschlagen - obwohl sie das Gebiet zuversichtlich nach dem in Europa heiß begehrten Element - lateinisch „argentum“ - benannt hatten, blieben die tatsächlichen Funde weit hinter den Erwartungen zurück. Dafür gab es aber eine andere Ressource in rauen Mengen: freie Flächen. Diese eigneten sich optimal als Grundlage für Ackerwirtschaft, vor allem aber als Weidegründe für riesige Rinderherden, die von der argentinischen Version des amerikanischen Cowboys, den Gauchos, gehütet wurden. Das Rindfleisch, besonders nachdem man es durch Konservierung haltbar machen konnte, und das Leder der Tiere wurden ebenso wie die Wolle nicht minder großer Schafherden zu stark nachgefragten Exportgütern für den europäischen und nordamerikanischen Markt, was besonders durch den Ersten Weltkrieg noch einmal zusätzlich befeuert wurde. Die Pampa, heute ein abfälliger Begriff für eine als öde empfundene Gegend, in Wahrheit aber die Bezeichnung für die schier endlosen Grasflächen im Südosten Südamerikas, stand damit sinnbildlich für eine wirtschaftliche Prosperität, die noch ein paar Dekaden zuvor niemand in Europa diesem Land am Ende der Welt zugetraut hätte.

Obwohl Argentinien zu dieser Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, schon seit fast 100 Jahren unabhängig war, hatten sich die politischen Verhältnisse in der Zwischenzeit keineswegs zum Besseren verändert. Zunächst jahrzehntelang offen diktatorisch regiert, setzte sich ab den 1880ern eine dem Anschein nach demokratische, in Wahrheit aber den Interessen der Großgrundbesitzer verpflichtete Regierungsweise durch. Davon profitierten nicht nur die Rinderzüchter und Großbauern, sondern auch viele Weinbau betreibende Familien, denn die Größe dieser Betriebe betrug meist ein Vielfaches von dem, was in Europa üblich war. Die staatliche Protektion war aber nur einer der Gründe für den kometenhaften Aufstieg des argentinischen Weines: der zweite lag in den Einwanderungswellen, die das Land vor allem aus Spanien und Italien, aber auch Frankreich und Deutschland erreichten. Zum einen wuchs der Inlandsmarkt dadurch stetig an, zum anderen brachten die Neuankömmlinge häufig winzerisches Fachwissen mit, das die Betriebe schnell in ihre Abläufe integrierten. Manche von ihnen hatten sogar zusätzlich zu geballter Expertise noch Setzlinge neuer Rebsorten im Gepäck.

Diejenige, die es zum mit Abstand größten Ruhm in der neuen Heimat gebracht hat, ist zweifellos der Malbec. Die aus dem Bordelais stammende und dort bis in die 50er Jahre in den Bordeaux-Weinen verarbeitete, mittlerweile aber insbesondere mit dem Cahors im französischen Südwesten verbundene Traube kam nämlich erst in Südamerika zu diesem Namen, in Frankreich selbst war sie als Côt bekannt. Und nicht nur der Name unterscheidet sich, auch die Anbaubedingungen sind ganz und gar nicht vergleichbar. Während der Malbec in Frankreich zwar durchaus an den steilen Hängen der Cevennen wächst, im Grunde aber über eine Höhe von ein paar hundert Metern nicht hinauskommt, stößt er in Argentinien in ganz andere Dimensionen vor: in den Anden beginnt der Weinbau auf 600 und endet erst auf weit über 2000 Metern, in einigen besonders begünstigten Lagen wie der Region Salta werden sogar auf 3100 Metern noch Trauben geerntet - und damit auf einem höheren Niveau als der Gipfel der deutschen Zugspitze. Kein Wein ist dem Himmel so nah wie der argentinische, könnte man sagen. Wer jetzt denkt, dass in der dünnen Höhenluft nur blasse, schwachbrüstige Tropfen entstehen können, der irrt: in trockenem Klima und strahlendem Sonnenschein können die Beeren perfekt ausreifen - durch die weitgehende Abwesenheit von Feuchtigkeit ist auch die Anfälligkeit der Rebe für Krankheiten wie Mehltau kein Hindernis. In Kombination mit den hohen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht wird zum einen eine perfekte Balance zwischen Zucker und Säure, zum anderen auch eine komplexe Aromenfülle erreicht, die sich später in Weinen niederschlägt, die die ganze Frucht-Klaviatur von Schwarzkirsche und Pflaume über Brombeere und Johannisbeere bis hin zu Zitrusnoten bespielen und mit Anklängen an dunkle Schokolade und schwarzen Pfeffer begeistern. Bessere Exemplare erinnern mit ihrer feinen Würze durchaus mal an einen Bordeaux. Seine schwärzlich-violette Farbe und den verhältnismäßig hohen Gehalt an - meist reifem und sanftem - Gerbstoff verdankt der Wein dabei den verhältnismäßig dicken Schalen der Beeren. Letzteres ist es auch, was eine Lagerung im heimischen Keller oft locker über eine Dekade möglich macht - obwohl diese glücklicherweise längst nicht mehr zwingend erforderlich ist wie in alten Zeiten, als der Malbec nicht schon trinkreif auf den Markt kam, sondern in den ersten Jahren vor Bitterkeit strotzte. Die Rebstöcke sind oft wahre weinbauliche Besonderheiten, denn anders als der Großteil der weltweiten Bestände handelt es sich hier nicht um Hybridreben, sondern um wurzelechte Pflanzen: dadurch, dass der Malbec noch vor der Reblausplage nach Argentinien kam und sich der Schädling hier nicht zu verbreiten imstande war, konnte auf amerikanische Unterlagen verzichtet werden. Knapp 45 000 Hektar sind in Argentinien aktuell mit Malbec bepflanzt - vergleichbar mit der Rebfläche ganz Österreichs. Damit beherbergt das Land die mit Abstand größten Malbec-Bestände der Welt, deutlich mehr auch als das Ursprungsland Frankreich und aufgrund der intensiven Fokussierung der Winzer auf diese Traube und den außergewöhnlichen Terroirs in Mendoza auch deutlich vielseitiger als dort. Trotz der sowohl qualitativen als auch quantitativen Führerschaft des Malbec ist noch ordentlich Platz für andere Trauben, vor allem rote, die zusammengenommen 85 Prozent der Produktion ausmachen. Besonders Cabernet Sauvignon und Merlot haben ein Wörtchen mitzureden: auch sie reifen zu fruchtbetonten Tropfen heran und überzeugen als Solisten ebenso wie als Verschnittpartner des Malbec.

Vor allem diese drei Sorten waren es, die den rasanten Aufstieg des Weinlandes Argentinien von gerade mal 3000 Hektar um 1890 auf mehr als das Hundertfache 80 Jahre später begünstigten. Was war in der Zwischenzeit geschehen? Nun, vor allem eine rapide Industrialisierung. Zwar hatte man schon Ende des 19. Jahrhunderts begonnen, mit dem durch die Rohstoffexporte ins Land kommenden Devisen Investitionsgüter in Europa und den USA zu kaufen, blieb aber noch viele Jahrzehnte ein stark landwirtschaftlich geprägter Nachzügler. Ändern sollte sich das 1946: während man in Europa noch vollends damit beschäftigt war, die Trümmer des Zweiten Weltkrieges beiseite zu räumen, kam in Argentinien mit Juan Perón ein Mann an die Macht, der mit seinem Mix aus Verstaatlichung von Schlüsselindustrien, Protektionismus und umfassender sozialer Sicherung das Land binnen kurzer Zeit in die wirtschaftliche Moderne katapultierte. Auch wenn er vor allem das verarbeitende Gewerbe stärkte und die Landwirtschaft links liegen ließ, diente seine Politik dem Weinbau dennoch: durch das stark steigende Wohlstandsniveau der Bevölkerung konnten sich plötzlich viele Menschen Konsumgüter leisten, die für sie vorher unerschwinglich waren. Legendär ist Peróns Ausspruch, von dem, was eine argentinische Familie in den Müll werfe, könnten fünf europäische Familien gut leben. Und das war zur damaligen Zeit nicht einmal so übertrieben. Dies wiederum hatte für den Staatschef den Vorteil, dass die Weinwirtschaft nicht auf Exportmärkte angewiesen war, um zu wachsen, sondern die stetig steigenden Produktionsmengen im Inland getrunken wurden.

Die Industrialisierung hat den Weinbau deutlich vereinfacht und demokratisiert, so viel ist sicher. So ganz ohne Herausforderungen ist er dennoch keineswegs in diesem Land der geografischen und klimatischen Extreme. Zwar lassen sich manche Schwierigkeiten auf verblüffend simple Art und Weise lösen, etwa wenn zur Bewässerung der oft fast wüstenähnlichen Trockensteppen Schmelzwasser von den Gipfeln der Anden in die Weinberge geleitet wird - eine Technik, die meist schlicht mit natürlichem Gefälle arbeitet, keiner großartigen Technik bedarf und zu in diesen Regionen unerwartet großen Erträgen führen kann. Aber hier treten auch Phänomene auf, über die man sich in den meisten anderen Weinbaunationen keine Gedanken machen muss und die daher ganz eigene, kreative Bewältigungsstrategien erfordern. Und dabei reden wir noch nicht einmal von einem geradezu grausamen Temperaturspektrum, das sich zwischen Werten von knapp 50 und minus 30 Grad Celsius bewegt. Ein viel größeres Problem ist der Hagel, der im Frühsommer oft plötzlich und unerwartet niedergeht und innerhalb kürzester Zeit die gesamte Ernte vernichten kann. Die Strategien, die Schäden im Zaum zu halten, reichen vom Spannen riesiger Netze über den Pflanzen bis zur Anlegung weit voneinander entfernter „Inseln“: wird ein Teil des künstlich zersplitterten Weinberges vom Hagel verheert, können andere dennoch verschont bleiben - stoische Risikominimierung.

Es gab aber, um auf die Historie zurückzukommen, auch Probleme, die nicht natur-, sondern menschengemacht waren. Die Kehrseite der ins Uferlose wachsenden Produktion war, dass sie sich keineswegs positiv auf die Qualität auswirkte. Diese war ohnehin nie die beste gewesen, da argentinischer Wein kaum im internationalen Wettbewerb gestanden hatte und sich nicht an anderen Tropfen messen lassen musste, aber in den 70ern wurde es wirklich übel. Als die Produzenten den Kaufkraftverlust ihrer Kunden während heftiger Wirtschaftskrisen damit auszugleichen versuchten, den Wein noch billiger anzubieten, um nicht auf den gigantischen Mengen sitzen zu bleiben, rauschte die Qualität vollends in den Keller. Preisliche Unterschiede existierten quasi nicht mehr, da eine Differenzierung verschiedener Güteklassen oder gar Lagen sich nicht lohnte. Dass die argentinische Küche gern Rotwein in der Zutatenliste aller möglichen Rezepte aufführt, ist darum auch nicht dem Umstand geschuldet, dass er so unglaublich gut schmeckte, sondern eher eine Verlegenheitslösung - er war halt da.

Apropos Küche: wer das optimale Pairing für die dunklen und schweren Weine Argentiniens sucht, sollte sich am Wochenende zu einer Parillada einladen lassen. Das Konzept ist denkbar einfach: man steht stundenlang zusammen und grillt. Das dürfte vielen Deutschen durchaus vertraut vorkommen, allerdings gibt es doch einige wesentliche Unterschiede. Zum einen ist der Asador, der natürlich stets männliche Grillmeister, unumschränkter Herrscher über die Zubereitung: seine Stellung fußt anders als in Deutschland nicht so sehr auf hochwertiger Ausstattung, sondern auf einer ganz individuellen Herangehensweise, die von Umstehenden keinesfalls in Zweifel gezogen werden sollte. Zum anderen sind die Steaks in Argentinien deutlich größer. So groß, dass viele Familien gar keinen herkömmlichen Grill besitzen, sondern das Fleisch auf einem riesigen Rost oder an Spießen über offenem Feuer in großen, gemauerten Gruben im Garten rösten. Überhaupt kommt man um Fleisch kaum herum: neben den klassischen Cuts begeistern sich die Argentinier auch für Würste wie Morcilla und Chorizo, während als vegetarische Beilagen allenfalls etwas Weißbrot zum Aufwischen der Chimichurri-Soßen und Fleischsäfte oder hier und da mal ein - zwingend von Frauen zubereiteter - Alibi-Salat serviert werden. Sollte es einem mit viel Mühe gelingen, doch einmal ein Fischgericht zu bekommen, etwa ein erfrischendes Ceviche, oder hat man es einfach nicht so mit Roten, muss irgendwo ein Weißwein her. Auch hier setzt man vorwiegend auf französische Sorten: Chardonnay, Chenin Blanc, Sauvignon Blanc, Sémillon und Pinot Gris. Auf der Suche nach etwas Außergewöhnlichem stößt man schnell auf die Torrontés - Spanienkennern dürfte der Name vertraut vorkommen, denn eine gleichnamige Rebe wächst besonders in der Gegend um Madrid, in Galicien und Andalusien. Mit dieser hat sie aber nichts zu tun - und obwohl sie genauer Torrontés Riojano heißt, wahrscheinlich nicht einmal mit Spanien. Vielmehr ist sie explizit nach der argentinischen Region La Rioja benannt - ihren geografischen Schwerpunkt hat die wichtigste weiße Rebe des Landes jedoch im noch weiter im Norden gelegenen Salta. Auf den dortigen Sandbödenn mit ihrer perfekten Drainage-Wirkung bringt sie säurebetonte, tropisch-aromatische Weine mit Anklängen von Orangenblüte, Jasmin und vor allem Muskat hervor, was ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Muskateller verleiht. Und wer ein bisschen in die Vergangenheit schmecken möchte, kann auch heute noch auf große Bestände an Cereza und Criolla Grande zurückgreifen - jene Sorten, mit denen der argentinische Weinbau seinen Anfang nahm. Für beide gilt eine spezifisch argentinische Klassifizierung, welche die Farbzuteilung nicht anhand des abgepressten Saftes vornimmt, sondern das Erscheinungsbild der reifen Beeren als Grundlage hat. All jene, die nicht klar rot oder weiß erscheinen - dazu gehören zum Beispiel auch Pinot Gris und Garnacha - werden als rosa Reben bezeichnet.

Diese eindrucksvolle und vor allem hochwertige Reben-Vielfalt kam allerdings erst vor etwa 40 Jahren ins Rollen. War es unter Perón schon nicht allzu gut bestellt um Qualitätsweinbau, isolierten anschließende Miltärputsche, die blutige Videla-Diktatur und der Falkland-Krieg das Land auf internationaler Bühne in noch höherem Maße. Der Anschluss an den weltweiten Weinmarkt und dessen Entwicklungen ging, so er jemals wirklich bestanden hatte, vollends verloren. Erst ab 1983 fand das Land zu demokratischen Strukturen zurück und erreichte ab den frühen 90ern mit neoliberaler Wirtschaftspolitik und der Koppelung des Peso-Kurses an den des US-Dollars wieder ein Maß an wirtschaftlicher Stabilität, das es den Winzern nach und nach ermöglichte, in Modernisierung zu investieren und ihre Fühler auszustrecken. Glücklicherweise erwischten sie dafür genau den richtigen Zeitpunkt, denn in den 80ern und 90ern lechzte man nach exotischen, vollmundigen Tropfen. Dass die Betriebe jahrzehntelang auf Billigproduktion getrimmt worden waren, erweis sich dabei ironischerweise als Vorteil: durch die niedrigen Preise waren sie direkt konkurrenzfähig. Während viele Winzer dieses Niveau mehr oder weniger beibehielten, erkannten einige mutige Pioniere das unglaubliche Potenzial des Anden-Weinbaus. Auch der Staat ist mittlerweile auf den Trichter gekommen, dass man mit der bisherigen Strategie auf Dauer nicht wird fahren können - großzügige Rodungsprämien halfen den den Winzern, ihre Flächen auf ein wirtschaftliches Maß zu dezimieren. Und dass man den besonders ambitionierten unter ihnen unter die Arme greifen sollte, um ihnen bei der Abgrenzung von der Masse zu helfen: für Qualitätsweine aus kontrollierter Herkunft wurde ein DOC-Status geschaffen. Er gibt Verbrauchern zumindest ein bisschen Orientierung in dem fast 1800 Kilometer langen Streifen, der sich bis nach Patagonien hinabzieht. Ein System höher- und niedrigerwertiger Lagen, das in Europa im Laufe vieler Jahrhunderte durch schlichte Beobachtung heranwuchs, versucht man hier aktuell innerhalb weniger Jahre durch hochtechnologische Studien der Bodenprofile, der klimatischen Verhältnisse und der Topographie festzulegen - finanziert oft von großen Weinhäusern aus Europa, die nicht ohne Grund in Goldgräberstimmung sind. Erste Erfolge sind bereits erkennbar: das Uco Valley etwa hat sich auf diese Weise als geradezu prädestiniert für erstklassige Erzeugnisse herauskristallisiert, seinen Kalkböden und den extremen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sei dank.

500 Jahre hat das argentinische Winzertum schon auf dem Buckel, eine der längsten Weinbau-Traditionen der südlichen Hemisphäre. Das Reben-Business ist hoch dynamisch geworden, seitdem man verstanden hat, dass die Produktionsmenge nicht der einzige Faktor ist: inzwischen ist man auf etwa 210 000 Hektar Gesamtrebfläche zurückgeschrumpft. Das reicht zwar immer noch für den siebten Platz in der Weltrangliste, und immer noch gibt es zahllose sehr preisgünstige Supermarkt-Weine ohne jeden Wiedererkennungswert. Aber die Ansprüche der Winzer steigen: das optimale Zusammenspiel zwischen Terroir und Rebsorte, Ertragsreduzierung, die Umstellung von Überschwemmungs- auf Tröpfchenbewässerung und Sorgfalt bei der Kellerarbeit sind mittlerweile keine Fremdworte mehr, und wo in anderen Ländern richtig geackert werden muss, fällt argentinischen Winzern einiges quasi in den Schoß. Biologischer Weinbau etwa läuft hier fast von selbst, denn das Klima erweist sich als natürliches Pflanzenschutzmittel, in den sich Schädlinge kaum vermehren können. Auch zunehmend immer heißeren Sommern kann man gelassen entgegenblicken, denn die Höhenlagen der Anden bieten ausreichend Raum, diesen zu entkommen. Die Herausforderung wird sein, in den kommenden Jahren auch an einem soliden Mittelfeld zu arbeiten, das die entspannte Trinkigkeit der einfachen mit dem Herkunftsgedanken der Spitzenweine vereint. Bei einer Exportquote von bisher lediglich zehn Prozent ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Ausdrucksstark wie der Tango, finessenreich wie der Fußball des Landes ist der argentinische Wein bereits heute - und in einigen Jahren vielleicht das dritte große Aushängeschild der stolzen Nation.

 

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